Verwaltung von Gottenheim

👉Geschichtsforschung von Richard Hunn

Ratsschreiber Albert Schätzle

Ein Pionier unserer Dorfgeschichte war der alte Ratschreiber Albert Schätzle. Er hat es verstanden, die Geschichte zu dokumentieren und zu erhalten. Heute ist dies viel einfacher, man kann viele geschichtliche Daten vom Computer abrufen und verwerten. Diese Materie ist aber meistens ziemlich leer und leblos...

Die von Albert Schätzle festgehaltenen Zeitgeschehen waren lebendig und miterlebt. Er war auch für eine Auskunft seines Wissens stets ansprechbar. Besonders sein Wissen aus der Geschichte früherer Zeiten im Leben in unserem Ort war eine gute Grundlage für eine weitere geschichtliche Erweiterung. Er war mit Leib und Seele Ratsschreiber und konnte den Menschen immer behilflich sein. Ein Ratsschreiber musste früher die Aufgaben der Gemeinde leiten.


Die Aufgaben der Gemeinde im 18. und 19. Jahrhundert

Die Gemeinde hatte die Aufgabe für die Fortentwicklung, das landwirtschaftliche Umfeld, die Versorgung und die Ordnung der Bürger zu sorgen. Einige besondere Funktionen waren:


Daten der politischen Gemeinde Gottenheim in der Umkircher Chronik

👉Liste der Pfarrer in Gottenheim


Die Gemeindeverwaltung von Gottenheim war immer sehr zu Gunsten ihrer Bürger bestrebt. Die Bürger mussten oft von ihren kärglichen Ernten leben und wirtschaften. Ab 1800 wurde es mit der Ernährung etwas besser:

Die 1775 aus Südamerika eingeführten Kartoffeln brachten erste Erträge. Der Nährwert der Kartoffeln beträgt etwa das Dreifache des damaligen Getreides. Die Landwirtschaft erhielt einen besseren Stellenwert, die Menschen konnten ein besseres Einkommen erwarten, da nun die Vermarktung der Produkte lohnender wurde. Die Bearbeitung der Felder wurde mit den Zugtieren (Ochsen und Pferde) durchgeführt. Viehgeschirre, Kummet und dergleichen sind ab dem 9. Jahrhundert bekannt.

Die Arbeitsgeräte Pflug und Egge wurden immer weiter verbessert und erleichterten die Arbeit. Auch das Angebot an Saatgut der Ackerfrüchte wurde besser. Die Ernten konnten auf dem seit 1120 bestehenden Freiburger Markt verkauft werden.

Die Gemeindeverwaltung

Vor dem 19. Jahrhundert lag die Hauptlast der Verwaltung, sofern man von einer sprechen kann, beim Vogt der Gemeinde. Dieser wurde von der Grundherrschaft bestellt, also nicht durch Wahlen ermittelt. Bestand zwischen der Herrschaft und der Gemeinde ein gutes Verhältnis, so wird diese einen angenehmen Vogt nach Rücksprache mit den Untertanen vorgesetzt haben.

Ihm zur Seite standen noch der Stabhalter und die Gerichtsmitglieder. Dieses Gremium tätigte hauptsächlich Käufe und Verkäufe, die unter dem Stab, einem 80 cm langen Stock, mit dem aufgesetzten Gemeindewappen aus Silber, vor sich gingen. Die Gerichtsmitglieder fungierten als Zeugen und unterschrieben die getätigten Käufe/Verkäufe. Diesen Vorgang nannte man Gerichtsverhandlung und die ausgefertigten Kaufverträge als Gerichtsprotokolle. Sie stellen die ältesten Grundbücher der Gemeinde dar.

Die eigentlichen Grundbücher setzten erst mit dem Jahre 1810 ein. Protokollbuchführer waren sehr oft Lehrer, die auch als Ratsschreiber bis zum Jahre 1835 tätig waren. Der Gemeinderechner, früher auch Gemeindeschaffner genannt, geht bis in frühere Zeiten zurück. Er ist in den Gemeinden, die früher Vogteien genannt wurden, seit dem 30jährigen Krieg fast überall schon vorhanden. Mit der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden setzte ein großer Wandel in der Verwaltung ein, man nannte das Land Baden deshalb auch das Musterländle. Von jetzt an trug hauptsächlich der Ratsschreiber die Last der Verwaltung.

Mit der 1. Badischen Gemeindereform vom 1. Juni 1832 erfolgte die Wahl des Bürgermeisters durch die Bürger der Gemeinde. Der Bürgermeister hatte zu seinem Gehalt von 15 Gulden noch die Nutzung von einem halben Juchert Acker und einem halben Juchert Matten (Fundstelle: 1 Juchert = 34,92 ar).

Als 1833, dem Jahr nach der Einführung der 1. Badischen Gemeindeordnung, der damalige Bürgermeister Johann Band gefragt wurde, was die Gottenheimer denn für Leute seien, schrieb er:

Hier sind alle gleich deutsch, katholisch. Es wohnt in Gottenheim ein gesunder Volksschlag mit guten geistigen Anlagen, der von einfacher Bauernkost mit Ausnahme von Pfarrer und Lehrer lebt. Die Geldverhältnisse sind jedoch schwach.

Das Leben im Dorf

Die Einwohner waren durch das Geschehen in der Vergangenheit zu einer verschworenen Dorfgemeinschaft zusammengewachsen. Erfolge und Niederlagen wurden meist geteilt und gemeinsam verdaut.

Die Frauen waren mit ihrer hauswirtschaftlichen Arbeit immer gut eingedeckt, der Haushalt war sehr schwierig, für heutige Verhältnisse unvorstellbar — kein Gas und kein Strom. Die kleine Wäsche wurde auf dem Küchenherd gekocht und nebenbei gewaschen, zur großen Wäsche wurde der Waschkessel geheizt und die Frauen hatten ihren Waschtag. Da es noch keine Wasserleitung gab, musste das Wasser aus einem Schöpfbrunnen geholt werden, oder man verlegte das Waschen an den Bach. Das notwendige Gemüse für die Familie auch der Wintervorrat wurde von den Frauen erwirtschaftet, in manchen Jahren wenn es im Wald Eicheln gab wurden sie im Winter mit den Kindern gesammelt als Zusatzfutter für die Schweine (wg. der Fleischqualität). Ansonsten trafen sich die Frauen beim - z'Liächt go - zum Socken stopfen, stricken oder Strohschuhe machen für den Winter, sowie durch Heimarbeit durch Knöpfe auf Karton nähen für eine Freiburger Knopffabrik.

Das Wort Frau durfte erst ab ca. 1860 übernommen werden, vorher waren alles Weiber und Weibsleut. Ab dieser Zeit berechtigte der Name Frau zur weiterführender Bildung und Studium. Der Name Frau war nur der privilegierten Schicht des Adels vorbehalten. In der katholischen Kirche kam die Namensänderung erst nach dem letzten Konzil, das Wort du bist gebenedeit unter den Weibern wurde durch Frau ersetzt.

Bei der Männerwelt war das Tun und Lassen etwas bunter,- es gab die Strebsamen — meist Landwirte und Handwerker. In dieser Gruppe war oftmals ein Arbeits- und Wirtschaftswettbewerb, diese Männer trafen sich abends vor den Häusern um das Tagesgeschehen und das Wetter des nächsten Tages zu besprechen und bei Einbruch der Dunkelheit waren sie in ihren Häusern verschwunden. Es gab aber auch jene, die ihre Erlebnisse im Wirtshaus besprachen, mitunter wurden um den Finanznotstand zu klären, auch Grundstücksverkehrsgeschäfte abgeschlossen. Meistens war es der Drang nach Geselligkeit der die Männer ins Wirtshaus brachte. Es gab heitere, aufgebauschte Stammtischgespräche. Einige dieser Geschichten sollten nicht unerwähnt bleiben.

Ein paar Dorf-Originale

Wir versuchen, von einigen dieser Männer, Landwirte, Handwerker, Gewerbe und Handel - soweit uns Angaben hierüber vorliegen - Episoden und Leben vorzustellen.


Besondere historische Dokumente

Die Wohnwelt von damals (1770)

Es gab nachweislich auch Häuser die in Verlängerung des Flurs eine Küche hatten, aber links und rechts je eine Stube und eine Kammer. Hier wohnten zwei Familien mit einer Küche. Es gab zwei separate Keller unter den Wohnräumen, Flur und Küche waren nicht unterkellert. Die Ställe waren oft gemeinschaftlich, nur die Futtervorräte wurden getrennt gelagert.

Die Küchen der Häuser waren meistens etwas rußgeschwärzt, da das Kamin erst über dem Herd begann. Der Kaminfeger musste mit Hilfe seiner Leiter durch eine Lücke über dem Herd in das Kamin steigen um ihn zu reinigen. Die Rückstände fielen alle nach unten auf den Herd. In diesem Rauchabzug wurden auch Speck und Wurst geräuchert.

Auch die anderen Einrichtungen der Häuser waren sparsam, nur der Kachelofen mit der Ofenbank war unentbehrlich. Ein Katzenloch neben der Haustür war für die nützlichen Haustiere Tag und Nacht passierbar. Eine sehr wichtige Einrichtung war schließlich der Abort (WC), wenn überhaupt vorhanden, er stand außerhalb des Hauses meist neben dem Schweinestall, als Plumpsklo zu Verfügung. Der Inhalt dieser Grube wurde ganz ökologisch zur Düngung der Felder verwendet.

Diese kleinen Behausungen waren im Schlenz, Unterdorf, Hintergasse, Oberdorf und um die Kirche. Sie waren in einer sehr alten Bauweise. Die Bewohner gingen einer Taglohnarbeit (fronen) nach, nebenbei bewirtschafteten sie einige kleine Grundstücke zur Ernährung der Familie und der Kleintiere. Eine Mannshauet Reben gehörte immer dazu sowie ein Grundstück mit Maxome (Mohn), nicht als Schlafmittel sondern des guten Mohnöls wegen. Der aus den Reben gewonnene Wein war vor allem für die ältere Generation und die Kranken als Hausmedizin gut behütet. In kargen Jahren wurden auch mal Kleintiere, Ziegen, Schafe und Schweine oder auch Geschlachtetes gestohlen.

Mit der Einführung der Stallhaltung wurden auch schon größere Häuser und Höfe (Mehrdachhöfe) gebaut. Man brauchte Platz für das Winterfutter der Tiere. Diese Bauweise entstand etwa 1770 bis 1800 und hatte eine großzügigere Raumaufteilung und die Brandgefahr war wesentlich geringer. In all diesen Häusern wurde der Dachboden als Schlafstätte für die heranwachsende Jugend benutzt. Geschlafen wurde auf Strohsäcken die im Winter auch mal mit Schnee bedeckt waren.

Grundrisse alter Häuser von Jörg Hunn

Das Armenhaus und der Armenfonds

1810 erließ die badische Regierung eine höchste Verordnung, nach der jede Gemeinde schuldig war, ihre Armen aus einer Almosen- oder der Gemeindekasse mit dem notdürftigen Unterhalt zu versehen. Ein beredtes Zeugnis von den Unterstützungsleistungen geben die Gemeinderechnungen der Jahre 1810—1914: Beiträge zur Ernährung und Anschaffung von Kleidung, Bezahlungen der Apotheker- und Arztrechnungen, Bestattungskosten.

1832, am 5. Januar, stiftete der ehemalige Pfarrer und spätere Domkapitular Dr. Bernhard Hug 200 Gulden zur Gründung eines Ortsarmenfonds. Der Kronenwirt Protasius Streicher spendete ebenfalls 200 Gulden, und der Handelsmann Josef Schwenninger legte 33 Gulden dazu. 1841 schenkte Dr. Hug dem Fonds zwei Zehntbottiche, deren Versteigerung 44 Gulden einbrachten. Aus diesem Fonds wurden besonders „presthafte“ (kranke) Ortsarme mit Kindern unterstützt.

1860 erwarb die Gemeinde von der Familie Eich in Günterstal ein Haus, um dieses für 10 Gulden Jahresmiete den Ortsarmen zu überlassen. Es handelte sich dabei um das älteste Gebäude in Gottenheim, 1673 als Privathaus errichtet, zweistöckig mit Balkenkeller und Stall unter dem Dach, 11,50 m lang, geräumig genug, um etliche Arme darin aufzunehmen. Das Armenhaus stand in der Salzgasse 11, auf der Lgb.-Nr. 163 und hatte die alte Hausnr. 80.

Um den Fonds aufzubessern, erhob die Gemeinde von jeder Person, die das Bürgerrecht erwarb, eine Gebühr von 1 Gulden und 6 Kreuzer für die Armenkasse. Nach der Umstellung von Gulden auf Mark machte dies einen Betrag von 2 Mark aus. Am 1. Januar 1914 konnte die Armenfondskasse einen Bestand von 3.469 Mark aufweisen. Das Kapital floss bald in Kriegsanleihen, der Rest ging bei der Inflation verloren.

1926 brannte das Armenhaus gänzlich ab. Der Armenfonds wurde schließlich 1936 aufgelöst, der geringe Restbetrag der Gemeindekasse übergeben.