Kriegsereignisse Gottenheim
Augenzeugenberichte über die Ereignisse, Auswirkungen und Kriegsopfer der beiden Weltkriege in Gottenheim:
Ereignisse im 2. Weltkrieg
Vorgeschichte: Am 7. März 1936 besetzt die deutsche Wehrmacht die demilitarisierte Westgrenze und am 28. Mai 1938 befiehlt Hitler den Bau des Westwalls von Basel bis Holland.
Interessant: 1933-1945 Chronik für Baden
Kriegsereignisse 1939-1945 Gottenheim
Die Zeit der Vorbereitung zur Eroberung Frankreichs war geprägt vom Bau der Verteidigungslinien (Westwall
) mit Bunkern u. Waffen. Auch die Bahnlinie Freiburg - Breisach —Colmar wurde für größere Transporte geplant
und aufgerüstet. Zur Tarnung der Bunker und Stellungen wurden im Gottenheimer Ried zwischen Bahn und Nötigwald eine Brombeer- und Dornenplantage bewirtschaftet.
Gepflegt und bearbeitet wurde die Anlage von Soldaten, als Strafarbeit, die dem militärischen Gehorsam nicht nachkamen. Diese Soldaten mussten mit geschultertem Hack demonstrativ durch den Ort marschieren.
1940 waren im Ort waren größere Truppenbewegungen auf der Straße und der Bahn bemerkbar. Auf der Bahn kam auch öfters ein Eisenbahngeschütz und feuerte nach Frankreich. Sie hatten Kaliber 28 cm und eines mit 32 cm, beim letzteren barsten beim Abschuss Fensterscheiben und die Kachelöfen bekamen Risse. Es wurden auch bald Kolonnen französischer Soldaten durch den Ort geleitet, danach wurde es wieder ruhiger und das Leben normalisierte sich wieder.
Nach der amerikanischen Invasion in Sommer 1944 verstärkte sich das militärische Treiben intensiver, es wurden Nachschubdepots (Munition und Kraftstoffe) angelegt. Die Munition wurde mit Pferdewagen transportiert. Es waren
Soldaten fremder Herkunft, Kosaken mit ihren schönen Pferdchen, oder Ungarn und Rumänen. Am Bahnhof wurde nachts Munition auf die Pferdegespanne verladen und nach Opfingen ins Lager gefahren. Im Gottenheimer Wald, entlang der
Buchheimer Straße, war das Treibstofflager Roland
dort war auch ein Bahngleis verlegt und militärisches Sperrgebiet.
Das Treibstofflager hatte nur einen geringen Bestand, sodass beim Rückzug 1945 die Kraftfahrzeuge im Schlepptau fahren mussten und militärisches Gerät, zum Teil gesprengt, zurück gelassen wurde. Die armen Pferde hatten auch kaum noch Futter und wurden zum Teil in den Rebberg geführt um an den Rainen das trockene Gras zu beweiden. Derweil wurden auf der westlichen Tunibergseite Stellungen (Schützengräben) zur Verteidigung gegen die anrückenden feindlichen Truppen ausgebaut. Die Gräben durchzogen das Gewann 'Norgen'. Am Ortseingang wurden mit Baumstämmen Sperren errichtet, die aber auf Anweisung einer Vorhut der anrückenden französischen Truppen dann umgehend beseitigt wurden.
Rationierung
Kriegerische Ereignisse bringen meist große Einschnitte in das Leben der Bevölkerung Des Einen Not ist des anderen Brot
während die Einen nach Macht streben und dem Eroberungstrieb verfallen, wird der Lebensstandard der
einfachen Bevölkerung sehr eingeengt. Als erstes werden die Lebensmittel rationiert, da das Heer einen sehr großen Bedarf hat. Um diese Aufgabe durchzuführen, werden Bezugsmarken für Tagesrationen je nach Alter, Kind, Schüler,
Erwachsener oder Schwerarbeiter ausgegeben. In der Zeit des ersten Krieges 1914 - 1918 und der anschließenden Inflation waren die Raten sehr knapp bemessen.
Die Zeit ab 1940 war zunächst noch geordnet, mit der Ausweitung des Krieges wurde es immer enger und dramatischer, der Höhepunkt war ab 1945 erreicht: Die Heimat war zunehmend zerbombt, die Lebensmittelproduktion stagnierte und die
normale Bevölkerung war völlig demoralisiert am Boden. Wir erlebten ein jähes Ende des Krieges und durften eine neue Zeit erwarten.
Nach dem Übergang zur Besatzungszeit wurde es im Lebensunterhalt noch beengter. 1947 wurde geschrieben: Trockenheit, Kriegsmangel und Entnahmen der Sieger führten zu dem Elend
. Die Menschen aus der Stadt
versuchten durch Tausch von Kleidungsstücken und allerhand Geräten gegen Kartoffeln, Obst, Eier und alles was essbar zu ergattern, aber in unseren Klein- und Nebenerwerbsbetrieben war ja kaum noch etwas vorhanden.
Quelle: Wilhelm Schätzle
Der 24. Februar 1945 in Gottenheim
Damit dieses tragische Ereignis nicht in Vergessenheit gerät, wird hier darüber berichtet:
Gottenheim im zweiten Weltkrieg durch Luftangriff schwer getroffen
Am 24. Februar 1945 gegen 16:00 Uhr fand ein Luftangriff durch eine Fliegerstaffel der englischen Streitkräfte auf Gottenheim statt. Dieser Angriff war besonders schlimm, weil er fast ausschließlich die Zivilbevölkerung traf.
Zwei Kleinkinder, Anita Hermann und Peter Leber, drei Kinder, Siegfried Schätzle, Walter Faller und Anton Hunn, drei Frauen, Irma Meier, Rosa Hunn und Otilie Maurer, zwei Männer, Rudolf Geiger, ein kriegsgefangener Serbe und zwei Soldaten kamen bei diesem Angriff ums Leben.
Laut den der Gemeinde vorliegenden Aufzeichnungen traf der Luftangriff im Februar 1945 die Bevölkerung völlig unerwartet.
Insgesamt 36 Bomben wurden aus sechs englischen Flugzeugen über Gottenheim abgeworfen. Die im Gewann 'Nägelsee' - im heutigen Gewerbegebiet - vorgelagerte Luftabwehr konnte den Angriff nicht verhindern.
Der Grund für den Angriff auf Gottenheim war die im Kirchturm stationierte Funkstation der Wehrmacht, die bei diesem Angriff zerstört werden sollte, um den Funkverkehr der deutschen Streitkräfte im grenznahen Raum zu unterbrechen. Das Funkgerät befand sich im Gebäude der Familie Steib und der Stab deutscher Soldaten war im Pfarrhaus einquartiert.
Das Ausmaß der Zerstörung war groß
So fehlte der Kirchturm und das Pfarrhaus war schwer beschädigt.
Siehe Luftaufnahme nach der Bombardierung:
In der Kirchstraße waren die Gebäude der Familien Josefine Hunn / Franz Hagios, Karl Meier, Ottilie Maurer, Hermann Hunn, Franz Hess, Max Dersch, Katharina Hunn, Rudolf Geiger und Franz Streicher zerstört. Am Kirchberg war es das Haus der Familie Franz Steib.
In der Rathausstraße waren die Gebäude der Familien Josef Wiloth, Leo Band, Karl Meier, Julius Maier, Wilhelm Hunn, Karl Schätzle und Xaver Faller betroffen.
Einige Bilder davor und danach
- Im Winter 1940/41 war es in Gottenheim ruhig, die Kinder fuhren in der Kirchstraße Schlitten.
Foto 1: v.l.n.r. Erich Reisacher der Elfriede, Friedlinde und Kurt König zieht. - Foto 2 + 3: das Eisenbahngeschütz mit dem die Wehrmacht auf die anrückenden Alliierten im Elsass geschossen hat.
- Foto 4: 1947 die Schüler des Dorfs im Kirchhof vor dem zerbombten Kirchturm.
- Foto 5: 1950 Ansicht auf Gottenheim vom Schulacker aus. Pfarrhaus ist wieder hergestellt, Kirchturm fehlt noch.
Tipp: Zur Vergrößerung Miniaturbild anklicken...
Alle Bilder: Erich Reisacher
Die Opfer des 1. Weltkriegs
Eine Grabstätte, gleich neben der Friedhofspforte, erinnert auch an Gefallene des Ersten Weltkrieges. Eine Tafel nennt Julius und Emil Hunn, zwei Brüder. Beide fielen, jeweils noch keine 20 Jahre alt, an der Westfront, der eine 1917, der andere ein Jahr später.
Das Mahnmal vor der Kirche nennt für den Ersten Weltkrieg 40 Gefallene sowie zwei Vermisste. Vorlage dazu war eine alte, eiserne oder bronzene Gedenktafel zum ehrenden Gedenken der Helden
,
die an der Kirchenmauer angebracht war. Sie wurde aber beim Wiederaufbau des Kirchturms nach 1945 entfernt und ist verschwunden. Ob sie bei einem Altmetallhändler landete oder irgendwo in einem
Gottenheimer Schuppen schlummert, ist unklar.
Erhalten hat sich eine kurz nach dem 1. Weltkrieg gedruckte Ehrentafel
:
Anton Sennrich, dessen Vater im Zweiten Weltkrieg umkam, besaß ein Exemplar. Es zeigt Porträts von 219 Gottenheimern, die zwischen 1914 und 1918 in den Krieg gezogen waren.
Die Tafel nennt 36 Gefallene und Vermisste, darunter aber vier Namen, die auf dem Mahnmal vor der Kirche nicht auftauchen. Gleicht man beide Listen miteinander ab, kommt man auf 46 Opfer des Ersten Weltkrieges, bei dessen Ausbruch das Dorf keine 1200 Einwohner zählte (weniger als im Gründungsjahr des Kaiserreichs 1871).
1870/71 Krieg mit Frankreich
Auch 1870 hatte es schon einen Krieg gegeben, an dem Gottenheimer teilgenommen hatten: Zum 70er Krieg
gegen Frankreich wird man auf dem Alten Friedhof in Freiburg fündig.
Dort steht ein Denkmal des
5. Badischen Infanterieregiments No.113, in diesem dienten auch viele Gottenheimer.
Rings um das den deutschen Kriegern
gewidmete Steinmonument listen Bronzeplatten die Namen der gefallenen Kameraden auf. Unter ihnen sind auch zwei Gottenheimer: die Musketiere Johann Spitzer und Julius Hunn.
Quelle: Badische Zeitung, Manfred Frietsch
Ehrentafel der Teilnehmer aus Gottenheim
Auf dem Foto die Ehrentafel der Teilnehmer aus Gottenheim am 1870/71er Krieg gegen Frankreich.