Wasenweiler Ried Gottenheim
Informationen über das Wasenweiler Ried
(Anmoor bzw. Niedermoor bei Gottenheim)
Moorwanderung mit Peter Lutz
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Alle Bilder: Kurt Hartenbach
Textquelle: BI B31-West Nein Danke
Keiner hätte es gedacht, dass sich so viele Interessierte einfinden, trotz Muttertag und der Länge der Führung von über 3 Stunden. Es hat sich dann auch für alle gelohnt. Der Experte Peter Lutz hat alle in seinen Bann gezogen mit einer wirklich guten Mischung aus Fachwissen, persönlicher Leidenschaft fürs Thema und praktischen Anschauungsbeispielen. Zunächst erläuterte Peter Lutz die Entstehung des Moors. Er zeigte den Teilnehmenden, dass zwischen Kaiserstuhl und Tuniberg eine Engstelle ist, durch die Grundwasser abfließen muss – so wie früher (während der Eiszeit) der sogenannte Ostrhein hier durchfloss. Dann vermoorten die Rinnen zwischen Wasenweiler und Gottenheim und bilden bis heute ein großes Niedermoorgebiet, in dem sich als Boden schwarzer Torf ablagerte. Torf entsteht, wenn im Wasser abgestorbene Pflanzenreste unter Sauerstoffausschluss nicht vollständig zersetzt werden.
Hier war Schluss mit der Theorie und Peter Lutz ging in Aktion: Er hatte einen großen Bohrstock dabei und konnte so eine Handvoll Torfboden an die Oberfläche holen. Wer wollte, durfte den nassen Tor anfassen. Obwohl es noch etwas Früh im Jahr war, konnte er auch einige typische Pflanzen zeigen: Mädesüß, Sumpf-Segge und Scharfer Hahnenfuß. Diese Niedermoorpflanzen sind einzigartig in der Region. Sie brauchen den durchfeuchteten Riedboden aus schwarzem Torf. Selbst im Sommer gibt es dort Feucht- oder Nasswiesen mit der entsprechenden Vegetation. Denn bis heute staut sich das Grund-Wasser im Ried. Ried bedeutet übrigens nichts weiter als „nasse Wiesen“. Auch für die Tierwelt ist das Ried ein wichtiger Rückzugsort. Denn in der dicht besiedelten und bewirtschafteten Region finden sie in den nur selten gemähten Wiesen einen ruhigen und geschützten Lebensraum. So ist hier sogar die echte Wildkatze schon mehrfach von Gottenheimern gesichtet und einmal sogar mit der Wildkamera aufgenommen worden.
Am Bahnübergang in der Nähe des Anglerweihers stellte Peter Lutz kurz die Straßenplanung der B31 vor, die genau durch das Ried führt. Im Zuge der Straßenplanungen, so berichtet Peter Lutz, wurde sehr viel ökologisch untersucht, so dass wir heute über sehr viel Informationen über die Natur entlang der Planungstrassen und im Ried verfügen. Dabei stellte sich heraus, dass manche Streckenabschnitte - wie z. B. das Ried - nach offiziellen Kriterien hoch schutzwürdig sind. Das Trogbauwerk der B31 unter der Eisenbahnstrecke hindurch ist genau dort geplant, wo der Moorkern liegt, so Peter Lutz. Dieser Straßenabschnitt würde eine tiefgreifende breite Rinne durch den Kern des Niedermoor schlagen. Dadurch würde das Moor nicht nur durch diese konkrete Baumaßnahme (in deren Länge, Breite und vor allem großer Tiefe) den Moorboden vernichten. Die durch das Trogbauwerk geschlagene Rinne würde zusätzlich das Gebiet entwässern und dadurch weit über die eigentliche Trassenführung hinaus das Moor vom Grundwasser abschneiden und so zerstören.
Die Teilnehmenden stellten viele Fragen und diskutierten mehrfach über die Idee, wie man das Ried aus Naturschutzgründen wieder vernässen könnte, um den Torfschwund zu bekämpfen. Da das zu einem höheren Grundwasserstand in der weiten Gegend führen würde, müsste man da behutsam vorgehen und Lösungen für alle finden, denn verständlicherweise sind nicht alle Grundstückseigentümer in der Gegend damit einverstanden. Das Moorschutzprogramm des Landes Baden-Württemberg sieht eine Vernässung durchaus als Möglichkeit vor. Alles in allem war es eine sehr interessante und abwechslungsreiche Exkursion, die ganz unterschiedliche Interessierte angezogen hat. Ca. 12 Personen kamen sogar für diese Führung gemeinsam von Freiburg nach Gottenheim geradelt. Unser großer Dank für diese gelungene Aktion gilt Peter Lutz vom Landesnaturschutzverband.
- Übersicht: Wasenweiler Ried © LUBW
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© Landesamt für Geologie, Rohstoffe, Bergbau
Paläoökologische Beiträge zur Rekonstruktion der holozänen Vegetations-, Moor- und Flussauenentwicklung im Oberrheintiefland
Quelle: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Brsg. vorgelegt von Andreas Lechner, Freiburg im Breisgau, 2005
Zusammenfassung (Fokus auf Ried
)
Im nördlichen und südlichen Oberrheintiefland wurden paläoökologische Untersuchungen in zwei Teilgebieten durchgeführt. Untersuchungsobjekte waren vermoorte Paläomäander nordwestlich von Karlsruhe und das Wasenweiler Ried zwischen Kaiserstuhl und Tuniberg. Ziele der Arbeit waren jeweils eine Rekonstruktion der nacheiszeitlichen Moorgenese unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung der lokalen Vegetation sowie die Rekonstruktion der Vegetationsentwicklung auf den mineralischen Standorten außerhalb der Moore. Aus diesen beiden Schwerpunkten ließen sich wiederum neue Erkenntnisse zur Fluss- und Auenentwicklung bzw. zur holozänen Landschaftsgenese im Untersuchungsraum ableiten. Untersuchungsmethode war vor allem die 14C-gestützte Pollenanalyse, die insbesondere durch litho- und moorstratigraphische sowie ergänzende makrorestanalytische Untersuchungen flankiert wurde. [...]
Im Wasenweiler Ried
wurden in verschiedenen Moorbereichen mehrere Bohrkerne gewonnen, von denen drei lithostratigraphisch und zwei pollenanalytisch ausgewertet und radiokarbondatiert wurden.
Die Genese des Wasenweiler Rieds
erfolgte im Abflussbereich des spätglazialen Ostrheins zeitlich und räumlich diskontinuierlich. Zum Teil entwickelte es sich aus verlandenden Rinnen.
Während der Verlandung wurden unter fluvial-limnischen Bedingungen verschiedene Mudden abgelagert. Nach Abschluss der Verlandung entwickelte sich hier zunächst ein Verlandungsmoor.
Infolge des im Frühholozäns ansteigenden Grundwasserspiegels kam es in der Depression zwischen Kaiserstuhl und Tuniberg jedoch zu einer weiträumigen Versumpfung, die durch die Stauwirkung des Schwemmfächerkegels der Dreisam verstärkt wurde und zur Torfbildung unmittelbar auf den Ostrheinkiesen führte. In weiten Teilen entwickelte sich so ein Versumpfungsmoor. Im Bereich von tieferen Rinnen zeigt das Ried eine Abfolge beider Moortypen. Eine solche Genese zeigt das Profil "Murr"während sich im Bereich "Schachen" ein Versumpfungsmoor unmittelbar auf dem Kies entwickelte. Sedimentlagen in den untersten Torfschichten belegen, dass eine zeitweilige Aktivierung der alten Ostrheinrinnen allenfalls bis in das Frühholozän stattgefunden haben kann.
Im Wasenweiler Ried
sind zwei Hauptvermoorungsphasen ausgebildet. Die erste beginnt im Spätglazial und findet bis in das Präboreal bzw. Boreal statt. Die zweite Hauptvermoorung setzt erst im älteren Subatlantikum ein. Die in zahlreichen Quellen belegten mittelalter- bis neuzeitlichen Überflutungen zwischen Kaiserstuhl und Tuniberg sind nicht, wie bisher angenommen, auf (Re-) Aktivierungen alter Ostrheinrinnen durch
Rheinhochwässer, sondern auf einen starken Grundwasserspiegelanstieg zurückzuführen. Im mittleren Holozän fand zwar ebenfalls eine Torfakkumulation statt, in beiden untersuchten Bereichen des Rieds jedoch zu
unterschiedlichen Zeiten. Dagegen setzte im frühen Atlantikum und frühen Subatlantikum in weiten Bereichen die Vermoorung aus.
Die moorübergreifenden Schichtlücken stellen eine auffällige Gemeinsamkeit zwischen den untersuchten Mooren bzw. zwischen verschiedenen Moorbereichen dar. Weiterhin ist allen Mooren die jüngste subatlantische Vermoorungsphase gemeinsam. Aufgrund der Überregionalität der Schichtlücken bzw. der Hauptvermoorungsphasen, ist nicht von lokalen, sondern vielmehr von überregional wirksamen Ursachen auszugehen. Hierfür kommen nur klimatische Änderungen bzw. massive anthropogene Eingriffe in den Wasserhaushalt in Frage. Die Torfakkumulationsraten während der Wachstumsphasen differieren in den einzelnen Mooren teilweise beträchtlich. Hiervon hängt entsprechend die chronologische Auflösung und damit eine genaue Zuordnung vegetationsgeschichtlicher Entwicklungen zum Beispiel zu archäologischen Kulturepochen ab. Die Rekonstruktion der Vegetationsentwicklung aus den pollenanalytischen Befunden lieferte ebenfalls neue Erkenntnisse. [...]
Am südlichen Oberrhein ist nach den Pollenanalysen zumindest im Untersuchungsraum letztmalig zum Ende des Atlantikums von einer weitgehenden Naturlandschaft auszugehen. Ab dem Beginn des Subboreals, also seit dem Endneolithikum, sind in der Umgebung des Wasenweiler Rieds bereits erste Rodungen und eine landwirtschaftliche Nutzung nachgewiesen. Beide Pollenprofile aus dem Wasenweiler Ried sind seit dem mittleren Holozän durch enorm hohe Tannen- Pollenwerte gekennzeichnet. Die Tanne war regional natürlich verbreitet. Hierfür kommt die submontane Stufe des Kaiserstuhls in Frage. Die höheren Lagen dieses Mittelgebirges wurden demnach seit dem jüngeren Atlantikum wahrscheinlich von Buchen-Tannenwäldern dominiert. In beiden Untersuchungsgebieten ist während fast sämtlicher erfasster Zeiträume die Waldkiefer durch hohe Pollenanteile belegt. Die Kiefer besitzt hier auf einigen Standorten natürliche Vorkommen. [...] Am südlichen Oberrhein sind die grundwasserfernen, stark sandig-kiesigen Bereiche der Niederterrasse westlich und südwestlich des Rieds als natürliche Kiefernstandorte denkbar.
Dissertation, Dr. Andreas Lechner © https://freidok.uni-freiburg.de/data/2517
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© Dissertation, Dr. Andreas Lechner, Uni Freiburg