BürgerScheune: Ivo Pügner
2013: Ivo Pügner überzeugte mit einer Reinhard-Mey-Hommage in der Bürgerscheune
Am Abend des 18. April erklangen in der Gottenheimer Bürgerscheune im Rathaushof mehr als 20 meist bekannte Lieder aus dem über 600 Lieder umfassenden Werk von Reinhard Mey.
Viele Refrains konnte das Publikum mitsingen und wurde dazu auch von Ivo Pügner animiert beziehungsweise regelrecht trainiert. So etwa übten die meist altersmäßig in die Reinhard Mey-Zeit
gehörenden Männer und Frauen unter viel Gelächter die Melodie des Jagdhorns aus dem Refrain der Diplomatenjagd
mit den Lippen zu imitieren. Manchmal waren die Töne ganz schön feucht, die da
aus dem Mund gepresst wurden.
Ivo Pügner wurde bei einigen Liedern im Hintergrund stimmlich begleitet von Marion Butz, die auch drei alte englische Lieder solo sang. Im Duett mit Reinhard Mey-Liedern kamen die Beiden
beim Publikum gut an. In der dritten Zugabe, geradezu klassisch Gute Nacht Freunde
, harmonierten Marion Butz und Ivo Pügner stimmlich sehr gut.
Ivo Pügner, der circa zehn Jahre jünger ist als der Durchschnitt der anwesenden Reinhard Mey-Fans, erzählte im Interview vor dem Konzert, wie er ausgerechnet zu Reinhard Mey kam, den in
seiner ganzen Bandbreite leider nicht so viele Musiker interpretieren. Er habe mit 12 Jahren von seinen Eltern eine Schallplatte von Reinhard Mey geschenkt bekommen. Fast gleichzeitig habe er
auch eine Gitarre bekommen. Weil er auch die deutschen Texte verstehen und nachfühlen konnte, habe er angefangen Reinhard Mey nachzuspielen. Reinhard Mey erzählt aus seinem eigenen Leben
und davon, was jedem im Alltag begegnen kann. Fast jeder kann sich damit identifizieren.
Ivo Pügners Motivation in der Gottenheimer Bürgerscheune aufzutreten hängt stark mit der Nähe zum
Publikum zusammen, die hier besonders gegeben sei. Auf einer großen erhöhten Bühne mit starken Scheinwerfern und viel Abstand zur ersten Reihe, singe man oft ins Leere und könne die Reaktion
der Zuhörer schlecht spüren. Dies sei in Gottenheim anders. Es ist alles idyllisch, nett und wir haben uns gleich wohlgefühlt.
Ganz erstaunlich war auch, dass die Texte vieler Lieder auch heute noch aktuell sind. Was Reinhard Mey seinerzeit in seinen Texten ironisch übertrieben meinte, ist heutzutage leider manchmal
ernste Realität geworden, zum Beispiel im Antibürokratie-Lied
vom Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars ...
, wofür es heftigsten Beifall gab. Oder das Lied vom Arztbesuch,
bei dem allerhand lateinische Diagnosen festgestellt werden und zum Schluss selbstverständlich zum Skalpell gegriffen wird. Auch die Fassadenfamilie Hempel, nach außen nett und adrett, und
was sich dort alles unterm Bett
findet, hat große Aktualität. Zu den satirischen Liedern mit großem Bekanntheitsgrad gehört auch Die Schlacht am kalten Büffet
. Damals gingen 10
Prozent der eingespielten Einnahmen an Brot für die Welt
.
Ein bisschen Wehmut war auch dabei, denn die Zeit der Liedermacher war eine ganz besondere Zeit, in der es unter den jungen Leuten viel politisches Bewusstsein gab und einige
Friedensinitiativen. Das Lied vom Vater, der sagt: Nein, meine Söhne gäb´ ich nicht
(für den Krieg) rührt an, genau wie Mairegen
, das aus der letzten CD von Reinhard Mey stammt.
Thema ist Tod und Sterben vor dem Hintergrund eines tragischen Unfalls von Reinhard Meys Sohn Maximilian, der seit 2011 im Wachkoma liegt. Im Refrain der flehentliche Wunsch
Lass mich wachsen, lass mich glauben, Alles wird gut.
Ivo Pügner schaffte es ganz authentisch, Reinhard Mey zu interpretieren mit der ganzen lebendigen Palette der Gefühle. Er tauchte ein in die Zeit und Wertewelt Reinhard Meys und man nimmt es Ivo Pügner ab, dass er sich voll und ganz damit identifiziert. Das Publikum dankte mit viel Applaus und forderte drei Zugaben. Gar mancher ging vielleicht etwas nachdenklich nach Hause, indem er sich fragte, wo wohl das sozialkritische Potential der damaligen Zeit geblieben ist.
Text: Gabriele HeubleinMeine Wurzeln liegen eindeutig im schönen Saarland. Dort bin ich am 20. August 1962 in Saarwellingen als jüngstes von 6 Kindern auf die Welt gekommen. Bis zu meinem 26. Lebensjahr habe ich in Neunkirchen/Saar geliebt und gelebt! Mit 12 Jahren hatte ich die erste Gitarre in der Hand und diese Faszination hat mich bis heute nicht mehr losgelassen. Beeindruckt haben mich vor allem die deutschen Songs. Auftritte in Berlin, Spanien (Freunde, ihr wisst, was ich meine…) und als Straßenmusikant auf vielen Stadtfesten waren die Folgen.
Als mein größtes Vorbild kristallisierte sich aber bald Reinhard Mey heraus. Seine Lieder berührten mich und forderten mich heraus. Die Art, wie er Lebenserfahrungen aller Richtungen in Text und Melodie verpackt, ist einfach einmalig. So manche Station meines eigenen Lebens habe ich darin wieder-gefunden. Meine Bewunderung für diesen großen Liedermacher teile ich mit vielen anderen Menschen und so lag es nahe, die Songs, die zu meinen Favoriten wurden, auch für andere zu singen. Der Grundstein für meine Konzerte war gelegt. Und die positive Resonanz darauf ermutigt mich, diesen Weg weiter zu gehen.
Mittlerweile bin ich auf vielen Bühnen zu Hause und freue mich immer wieder auf die tollen Begegnungen mit den Menschen, die meine Begeisterung für Reinhard Mey teilen!
Quelle: ivopuegner.de